Beiderseits der Logik
Und schließlich der Holzwurm

Teil II/IV

Der nächste Wolf ist da. Aber kein neuer Hammel und auch kein neuer Friedhelm, was niemanden wundert.
An der Fleischtheke stehen Menschen; die einen lachen über eigene Witze, die anderen wollen Falschen Hasen zubereiten. Sie kaufen Hackfleisch. Den echten Hasen hat sich der neue Wolf geholt. Bis in den Tod, sagt Gisbert, ist das Leben eine Fälschung.
In welchem Grab liegt sein Bruder? Der ist jetzt ein gestorbener Toter, wie es die meisten Toten sind.
Wenige gestorbene Lebende gibt es nur; deren Gräber sind vergessen noch ehe sie darin zum Liegen kommen.
Und an der Fleischtheke stehen sie und kaufen Vorräte. Niemand will den alten Wolf essen, den man totgeschossen hat. Der ist für Friedhelm gestorben, damit der endlich vergessen wird.
Könnte der neue Wolf mit einer Flinte umgehen, hätte er den Hasen erschossen.
Wie man es in den Wald hineinruft…, sagt das Kind, weil es der Großvater immer so sagt. Und: Großvater, warum hat der böse Wolf den echten Hasen gefangen und den Falschen Hasen nicht?
Weil der Falsche Hase bloß eine Lüge ist, antwortet der Großvater, und Lügen haben kurze Beine; deshalb stolpern sie nicht so oft.
Wie hieß noch der Tote?, fragen sie an der Fleischtheke.
Welcher?
Na der gestorbene Tote – wie hieß denn der?
Der mit dem Hamster?
Nein, ein Hammel war’s.
Ach der… Ich weiß es nicht.
Den Hamster hat der Wolf noch nicht gefressen. Der läuft ungesehen auf kurzen Beinen durchs Feld. Ist das ein Falscher Hamster?
Der Hamster ist im falschen Feld. Wie das Pferd. Es steht auf C6; Läufer schlägt. Gisbert wird schon wieder gewinnen. Immer gewinnt er. Der Großvater ist neidisch. Gisbert betrügt, sagt das Kind. Sein Großvater ist schlau, da ist sich das Kind sicher.
Das Pferd stand falsch. Wo ist das Grabkreuz, auf dem man lesen kann ‚Hier ruhet Friedhelm Gruber‘? Die Leute gehen in Richtung des Friedhofs. Und biegen vorher ab. Sie gehen einkaufen. Zur Fleischtheke, wo sie über eigene Witz lachen. Falschen Hasen wollen sie machen, mit besonders kurzen Beinen.
Das Kind besieht seine Beine und fragt: Bin ich ein falsches Kind?
Nein, genau richtig.
Und es benutzt Schimpfworte. Wer hat die hineingestopft? Die Großmutter war es nicht; sie stopft nur Kuchen ins Kind und wenn das Kind nicht da ist, stopft sie Socken. Die Eltern sind schuld daran, schreit der Großvater.
Die Eltern waren auch mal Kinder und sind nur Falsche Wälder, sagt Gisbert. Schachmatt; er hat gewonnen.
Gisbert betrügt, sagt das Kind. Der Großvater glaubt ihm. Du hast aber schon lange Beine, meint er zu seinem Enkel.

DerHolzwurm3

Text und Bilder: Norman Weitemeier