You’ll never walk alone*
Existenzgründer Kai Mosig, Der Fußballfanladen Mühlhausen

Im Frühjahr des letzten Jahres stand ein junger Mann im Büro unseres Vereins. Er hatte  die verrückte Idee in Mühlhausen einen Fußball-Fanartikelladen zu eröffnen, wusste aber nicht wie er dabei vorgehen sollte. Ende November 2009 hat er sein Geschäft auf dem Untersteinweg eröffnet. JiM – Das Magazin wollte von ihm wissen wie es ist, sich hier selbstständig zu machen.

Einen schönen kleinen Laden hast Du Dir eingerichtet. Gratulation! Wie bist Du auf die verrückte Idee gekommen, Dich hier mit einem Fußball-Fanartikelladen selbstständig zu machen?
Im September 2008 wurde ich aufgrund einer Werksschließung arbeitslos. Unvermittelt  stand ich vor der Frage: Wie weiter? Zunächst bewarb ich mich, doch ohne Erfolg. Die Finanzkrise machte es unmöglich in meinem Beruf einen neuen Job zu finden. In mir reifte der Wunsch meine berufliche Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen. Und so beschloss ich, aus meiner Leidenschaft für den Fußball eine berufliche Perspektive zu entwickeln.

Du bist Fußballfan mit Leib und Seele?
Seit meiner Kindheit bin ich dem Fußball eng verbunden. Mein ältester Bruder spielte bei Union Mühlhausen und schleppte mich schon als Kleinkind mit ins Stadion undauf diverse Sportplätze. Seit meinem zwölften Lebensjahr fahre ich zu Spielen des FC Rot-Weiß Erfurt. Schon als Kind war ich von den Europa-Cup-Auftritten des FC Liverpool fasziniert. Und seit 1990 unterstütze ich meinen Bundesliga-Favoriten Eintracht Frankfurt auch nicht mehr nur vor dem Fernsehgerät. Kurz gesagt: Fußball ist mein Leben. Na, zumindest ein sehr großer Teil davon!

Du wolltest also Dein Hobby zum Beruf machen. Hört sich erst einmal gut an.
Die Idee sich selbständig zu machen ist das Eine. Sich wirklich dafür zu entscheiden, war ein längerer Prozess. Doch wo sollte ich anfangen? Und wie? Ich wusste, dass JiM – Die Jugendinitiative vor ein paar Jahren ein Projekt zur Unterstützung von jungen  Existenzgründern angeschoben hatte. Also ging ich zu euch ins Büro. Hier stieß ich mit meiner Idee auf offene Ohren. Aber es dauerte zwei Wochen, bis ich alle Vorbehalte ausgeräumt hatte. Dann habt ihr mir dabei geholfen aus meiner Idee ein Konzept zu machen und mich an Enterprise Thüringen vermittelt. So heißt das Projekt, das von JiM initiiert wurde und jetzt unter dem Dach der Parität junge Existenzgründer auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleitet.

Wie hat man Dich dort aufgenommen?
Kay Mosig: Zunächst wurde mir erläutert, welche Workshops und Seminare existieren und wie mir das dort vermittelte Wissen bei der Gründung hilft. Alles, was wichtig ist, wurde mir in Vorlesungen, die sich zum Teil über mehrere Tage erstreckten, aufschlussreich und detailliert vermittelt. Sehr gut war, dass man einzelne Veranstaltungen auch mehrmals besuchen konnte. Und das alles kostenlos! Unterstützung erfuhr ich aber auch durch Frau Streich vom IHK Service-Center Mühlhausen. Sie war zu jeder ihr möglichen Zeit bereit, mich zu beraten und bot mir immer wieder ihre Hilfe an.

Wie ging’s dann weiter?
Kay Mosig: Dank der Unterstützung von allen Seiten stand im Sommer 2009 mein Businessplan. Nun galt es, die erlernten Kenntnisse in die Praxis umzusetzen. Hoch motiviert und voller Zuversicht stellte ich mein Projekt bei verschiedenen Banken vor. Schließlich war fast jede Woche in der Zeitung zu lesen, dass der Staat trotz Finanzkrise Fördermittel für Existenzgründer zur Verfügung stellt. Aber da hatte ich mich geirrt! Zwar wurde mein Businessplan gelobt und mir empfohlen an einem Gründerwettbewerb  teilzunehmen, doch Fördermittel bekam ich nicht. Dabei ging es gar nicht um einen großen Betrag. Was mich zusätzlich irritierte war, dass die Begründung für die Ablehnung bei jeder Bank eine andere war.

War das Dein einziges Problem auf dem Weg in die Selbstständigkeit?
Nein. Auch die Suche nach einem Geschäft stellte sich schwierig dar. Man sollte meinen, bei so vielen leer stehenden Läden in Mühlhausen ist es nicht so schwer, passende und vor allem bezahlbare Räumlichkeiten zu finden. Doch auch hier hoffte ich als Existenzgründer meist vergebens auf Verständnis und Entgegenkommen von Vermietern. Mit Hilfe von JiM fand ich aber in Familie Reichenbach doch noch jemanden mit  Verständnis für meine Idee und ein Raum für mein Geschäft.

Den Tipp hatten wir von Michael Adam bekommen, dem Inhaber von Adam’s Pension und Bistro. Dank ihm hattest du jetzt also einen Laden, aber immer noch nicht das nötige Kapital.
Genau. Ich wandte mich erneut an die Banken, doch auch diesmal wurden meine Anträge auf Fördermittel abgelehnt. In dieser Situation half mir die Mikrofinanzagentur. Die stellt Existenzgründern Kleinkredite zur Verfügung, die diese von Banken nicht bekommen. Ein Mikrodarlehen ermöglichte mir die Beschaffung des ersten Warenbestandes. Nun konnte es also endlich losgehen. Anmeldung auf dem Gewerbeamt, beim Finanzamt und in der letzten Novemberwoche war es dann so weit. Ich eröffnete meinen Fußballfanladen in Mühlhausen.

Hand auf ’s Herz – hättest Du das auch ohne die Unterstützung geschafft?
Geschafft schon, aber ohne die ganze Hilfe hätte esgarantiert viel länger gedauert. Und keiner weiß, welche Fehler mir vielleicht unterlaufen wären. Deswegen bin ich allen, die mir geholfen haben auch sehr dankbar! Vor allem meiner Lebensgefährtin Anke, meinen Eltern, meiner Schwester und meinem Schwager. Aber auch André, der sich um meine Internetpräsentation kümmert, sowie einem weiteren sehr guten Freund und Familie Reichenbach.

Dein Geschäft besteht jetzt seit einem Vierteljahr. Wie ist Dein Fazit?
Bisher wurde mein Angebot gut angenommen. Besonders gefreut habe ich mich über alle Kunden, die mir Mut zugesprochen und mir zu meiner Idee gratuliert haben. Vielen Dank! Ich werde versuchen alle eure Wünsche zu erfüllen! Aber ich bitte auch um Verständnis, wenn nicht alles zu 100 % gelingt. Leider ist auch bei renommierten Bundesligisten nicht immer alles verfügbar, wird Ware nachgeliefert oder ist ausverkauft. Dennoch werde ich alles tun, um trotz des begrenztenBudgets die Wünsche der Fußballfans in unserer Region zu erfüllen. Und allen Vereinen in der Umgebung biete ich an, zu Turnieren oder Sportfesten mit einem Verkaufsstand vor Ort präsent zu sein.

* »You’ll never walk alone« (Du wirst nie alleine laufen) ist die Vereinshymne des englischen Fußballclubs Liverpool FC. Das Lied beschwört den Teamgeist und wird von Fußballfans in fast allen Stadien der Welt gesungen.

Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht in:
JiM – Das Magazin, Ausgabe 28, April 2010.