Vom Türproblem zur Primatenlösung
Klappe zu - Affe tot

Im Angesicht von Problemen geht es, denke ich, nicht nur mir so, dass sich je nach Gemütslage eine zu- oder abnehmende Neigung zur Herangehensweise „Tür zu – Problem weg“ bemerkbar macht.

Jeder kennt (spätestens jetzt) das Sprichwort „Klappe zu – Affe tot“. Nehmen wir einmal die Gültigkeit dessen im Wortsinn an, so können wir schlussfolgern: „Klappe wieder auf – Affe immer noch tot“. Parallel dazu lässt sich der anfängliche Fall entwickeln, sodass gilt: „Tür wieder auf – Problem immer noch da“.

Nun ist ein toter Affe freilich ein in zweierlei Hinsicht ungeeignetes Beispiel, denn einerseits handelt es sich dabei um ein vergleichsweise unwahrscheinliches Problem (wobei für weniger tierliebe Menschen jener Zustand des Beispieläffchens je nach dessen Art ein durchaus willkommener sein kann) und zum Anderen neigen Primaten bekanntlich nicht zur Wiederauferstehung. Das gilt für jeden realen Affen. Anders verhält es sich beim nicht realen Affen, zum Beispiel in der Kunst. Daher besteht hier günstigerweise die Möglichkeit, auf einen literarischen Primaten zurückzugreifen, den man mit geringem Aufwand in vom toten in einen weniger toten, nicht unbedingt untoten, aber doch mindestens befristet lebendigen Zustand versetzen kann. Damit ist das Problem der vermeintlichen Unlösbarkeit des Affen-Dilemmas aus dem Weg geräumt. In diesem Wissen können wir die Klappe getrost wieder öffnen und den Affen reanimieren, woraufhin er sich kurz schütteln und orientieren muss und sodann fidel, wie eh und je in der Gegend herumhopsen wird, um sich schließlich durch einen eleganten Sprung in den laufenden Ventilator wieder hinter seine sprichwörtliche Klappe zu begeben, wo er der nächsten Reanimierung harrt.

Das Ergebnis des eben beschriebenen Vorgangs mag einem zunächst nicht sonderlich zufriedenstellend vorkommen. Jedoch kann man literarisch den in der Realität unvorhersehbaren Fall vorhersehen und in die Überlegung mit einbeziehen, dass der Affe vom Ventilator in eine derart günstige Flugbahn geschleudert wird, dass es bei der Landung zu einem irreparablen Kollateralschaden an der verhassten Vase kommt, die man letztes Jahr von Tante Hilde zu Weihnachten bekommen hat. An dieser Stelle zeigt sich uns, dass das Angehen und Lösen jeglicher Probleme (und seien diese noch so unwahrscheinlich) ungeahnte und auch sehr positive Folgen haben kann. Die positive Wirkung, die mit Sicherheit eintreten wird, ist die der sofortigen Abwesenheit des Problems, die schon für sich erstrebenswert ist, da schlagartig jene nervtötenden Stimmen verstummen, die einen an das Problem erinnern und eine baldige Lösung anmahnen.

Gehen wir in unserem Beispiel noch einmal in der Zeit zurück und ändern wir die Bedingungen: Wir rücken die Vase ein Stück nach links. In der Folge wird das landende Tier die Vase nicht zerstören. Den Affen wiederzubeleben hat sich trotzdem gelohnt, weil uns von da an niemand mehr darum bittet, das zu tun; schließlich haben alle gesehen, dass es sich nicht lohnt.

Da wir auf diese Szenen zurückblicken, wissen wir bereits, wie überaus dankbar uns alle sind, wenn wir die Vase versehentlich (Ein Versehen gilt dann als solches, wenn alle Zeugen es so benennen.) in einzelne Fragmente zerlegen. Der Affe hat nicht getroffen; die neue Lösung heißt Hammer.

Wenn Tante Hilde zu Besuch kommt, wird sie nach der sogenannten schönen Vase fragen. Ohne Zweifel wird sich unser literarischer (untoter?) kleiner Bruder betreffs der Kausalität des Vasenschwundes verplappern und damit Tante Hilde von der mühsam ertragenen Verwandten in eine unerträgliche Belastung verwandeln. Nach Ablauf dieser Metamorphose haben wir ein neues Problem: Keinen toten Affen hinter der Klappe (Er ist wieder tot, aber das ist kein Problem mehr.), sondern eine lebende Horror-Tante im Wohnzimmer. Die Lösung ist der Ventilator – der Affe hat es vorgemacht.

Norman Weitemeier