Viele Nazis hier …
Eine Geschichte aus dem wahren Leben. Von Stephan Kornitzky

„… Auf jeden Fall gibt es hier viele Scheiß -Nazis!“ Diesen Satz hörte ich als ich an einer kleinen Gruppe junger Leute vorbeiging. Da sie nicht gerade in ein Gespräch vertieft waren, war ich mir sicher, dass dieser Satz auf mich bezogen war.

Das machte mich schon etwas stutzig, da ich genau in der anderen Richtung mein politisches Zuhause habe. Wenn der Sprecher sich die Aufkleber und Buttons auf meiner Lederjacke genauer angesehen hätte, hätte er das auch sofort gemerkt. Zum Beispiel: „Keinen Meter! Naziaufmarsch verhindern!“ (mitgebracht von der Demo am 1. Mai in Erfurt) und „Gegen Nazis – ist doch klar“ sowie „Kein Rassismus“. Dass er nicht richtig hingeschaut hatte und das ich zurzeit mal wieder die Haare SEHR kurz, sprich Glatze, trage, hat ihn wohl zu dieser Annahme gebracht. Kurz zuvor hatte ich noch einen orangefarbenen Iro, den ich mir aber vor Kurzem abrasiert hatte.

Früher war das alles noch einfacher. „Der Nazi“ war gekleidet mit einer Bomberjacke, schwarzen Springerstiefeln mit weißen Schnürsenkeln, dem T-Shirt seiner aktuell liebsten Rechtsrockband und der obligatorischen Glatze. Wahlweise konnten noch SS – Zeichen und „Schwarze Sonne“ als Tattoo oder als Abzeichen auf der Kleidung getragen werden.

Der typische „Punk“ zeichnete sich durch eine zerschlissene Lederjacke mit möglichst vielen Patches / Aufnähern seiner Lieblingsbands, Parolen wie „Kein Mensch ist illegal“ , „Nazis ham ’ne Scheiß Frisur“ oder „Legal, Illegal, Scheißegal“, dazu noch eine bunte karierte Hosen mit vielen Reißverschlüssen und am ganzen Körper Sicherheitsnadeln und Piercings sowie meistens auch noch Tattoos sowie der der meterhoch gestylte Iro in Regenbogenfarben und Springerstiefel oder wahlweise Oldschool-Schuhe.

Doch diese beiden Stereotypen haben sich verändert! Natürlich gibt es beide noch in dieser beschriebenen Form, aber für mich fängt das „Punk-Sein“ vor allem im Kopf an! Auch wenn ich nichts gegen das „normale“ Erscheinungsbild einzuwenden habe.

Die Gesellschaft erkennt dadurch aber leider auch nicht mehr die Nazis.

Wenn sie gut formulierte Argumente vorbringen, zum Beispiel, dass sie gegen Kinderschänder sind und für die Umwelt, dafür das jeder Deutsche einen Arbeitsplatz hat, dann können sie die Wähler für sich gewinnen.

Trotzdem muss ihre menschenverachtende Politik immer hinterfragt werden.

Einen Menschen lernt man erst im Gespräch kennen und sollte ihn niemals nur nach seinem Äußeren beurteilen.

Stephan Kornitzky

Unser Autor ist freischaffender Schriftsteller und Musiker. Zur Zeit arbeitet er an seinem ersten Roman. Nach der Autobiografie “Dein Umfeld prägt Dich” wird dies sein zweites Buch. Hier geht es zu seinem Blog.

Der Mensch auf dem Foto hat von Natur aus wenig Haare. Er ist nicht mit dem Autor identisch und auch kein Nazi.