Adam Angst im Interview
Hauptsache, man steht in der Menge!

Beim Open Flair hatten Lioba Döring und Eva Stützer die Ehre, Felix Schönfuss und Johannes Koster von Adam Angst zu interviewen. Hier die ausführliche Version:

Wir waren natürlich bei eurer Show, zumindest ab der Hälfte und haben sehr bedauert, die ersten Lieder verpasst zu haben. Es war wirklich toll. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass ihr Zeit für ein Interview habt. Apropos: Wie viel Zeit haben wir? Das wurde uns nicht gesagt.
Felix: Keine Ahnung, Wir haben alle Zeit der Welt. Unser Tourmanager ist irgendwo hier, das ist völlig egal.

Bei Beatsteaks hatten wir nur fünf Minuten.
Johannes: Wir sind besser als die Beatsteaks. Wir machen das richtig lange.

 Felix, du bist am Ende ins Publikum gegangen. Man sah nur noch das Mikrokabel. Was hast du da gemacht?
Felix: Letztendlich geht es nur darum, dass man in der Menge steht, die Leute vor sich hat und ein miteinander hat. Was ich da mache, weiß ich selbst nicht genau.

Wahrscheinlich angefasst werden.
Felix: Ja, ich wurde an den Haaren gezogen. Ich ging da rein und sofort kam einer an – er meinte es bestimmt lieb – aber ich hatte sofort seinen Arm um mich. Nasse, schwitzige Menschen sind halt auch nicht so geil, aber man macht es, wenn sie sich drüber freuen.

Ist das euer erstes Open Flair? Werdet ihr gut umsorgt, gepflegt, geliebt?
Felix: Ja, ist es. Total. Wir haben schon auf größeren Mainstreamfestivals gespielt. Hier weißt du immer, wohin du musst. Es gibt Leute, die sich um dich kümmern und dich überall hinfahren. Man steht nie dumm rum. Es ist von Anfang an durchgeplant und einfach nett. Das ist krass.

Das erinnert mich an „Die Ambivalenz der Arroganz“.
Felix: Ja, es ist der genaue Gegensatz zu dem, was ich da gesagt habe. Wir haben auch kein Festival erlebt, was wirklich so war wie in dieser Kolumne. Bis jetzt noch nicht.

Seid ihr viel auf Tour?
Total viel. Die Hälfte der Festivalsaison ist rum, wir spielen nochmal genauso viele. Dann geht es im Oktober nochmal auf Tour mit Kmpfsprt.

Was ist in euren Kühlschränken?
Felix: In meinem hauptsächlich vegetarische Fleischersatzprodukte, Tomaten, Bananen, Kiwis.

 Aber Bananen gehören nicht in den Kühlschrank. Das hat mir meine Oma gesagt.
Felix: ich weiß, ich weiß. Aber ich mag kalte Bananen.
Johannes: Der Bandkühlschrank beinhaltet Red Bull, Red Bull, Red Bull, Gin Tonic und Red Bull.

 Was war euer schönstes Bühnenerlebnis?
Felix: Bei mir ist es jedes Mal, wenn ich ins Publikum gehe. Es ist sehr schwitzig und nass und auch anstrengend, aber bringt Spaß und ist ein schöner Abschluss, weil es ein gemeinsames Ding ist.
Johannes: Ich fand das Open Flair am besten. Heute blieb zwar die Band oben, normalerweise geht sie mit in Publikum und dann bin ich alleine auf der Bühne. Aber das ist auch schön, denn dann bin ich mal alleine auf der Bühne. Dann nervt mich keiner und spuckt mich an oder sagt: „Hey, du bist wieder aus dem Takt.“

Sollen wir das schreiben?
Felix: Das kannst du alles schreiben. Alles, was wir sagen!

Was sind eure nächsten Pläne? Würdet ihr gern nochmal beim Flair spielen?
Johannes: Ein zweites Album nächstes Jahr.
Felix: Nach diesem Auftritt würden wir natürlich gern nochmal hier spielen.
Johannes (scherzt): Am liebsten auf der Kleinkunstbühne.

Was ist die schönste und die schlimmste menschliche Eigenschaft?
Felix: Die schlimmste ist Intoleranz, also wenn man Leute aufgrund nichtiger Dinge nicht mag. Man kann Leute mögen oder nicht, das ist okay, aber sie nicht zu respektieren ist eine schlachte Eigenschaft. Eine gute ist Höflichkeit. Es ist zwar altbacken, aber ich stehe darauf, wenn man noch weiß, dass man anderen die Tür aufhält, nicht so egoistisch ist und um sich herum guckt. Wie geht es den anderen? Bin ich gerade ein Störfaktor? Ich glaube, wenn man ein paar Höflichkeitsregeln einhält, dann könnte diese Welt schon sehr viel besser sein.
Johannes: Ehrlichkeit.
Felix (scherzt): Ne, das muss nicht sein. Höflichkeit ja, aber Ehrlichkeit nicht.

 Bei euch hat ja auch die Menge „Nazis raus“ skandiert, was wir bisher jeden Tag mindestens einmal gehört haben. Als ihr über das Flüchtlingsproblem gesprochen habt und bei eurem Lied „Professoren“ hatte ich Gänsehaut.
Felix: Das ist schön.
Johannes: Wisst ihr, wo ich jedes Mal Gänsehaut habe? Bei „Ein bisschen mehr Liebe, ein bisschen mehr Respekt“.
Felix: Normalerweise lassen wir auch die Musik sprechen. Wir haben Texte, die klar sagen, welcher Meinung wir sind. Aber es sind so viele Dinge passiert, dass man das doch wieder betonen muss, auch wenn 99 Prozent der Leute genauso denken.

 Euer Bandkonzept ist sehr originell. Es gibt die fiktive Person Adam Angst, die Verkörperung alles Schlechten (übrigens eine geniale Idee!) und dann stehst du, Felix, im Vordergrund. Den Rest der Band kennt man kaum. Ist diese Verwirrung so gewollt?

Felix: Das Konzept hat so angefangen, dass ich im Vordergrund stehe. Mittlerweile entwickelt sich ein Bandbild. Beim zweiten Album wird das sicherlich ganz anders sein. Man merkt, wenn man uns live sieht, dass es eine Band ist.

 Wir haben zwar keine Fragen mehr, würden aber gerne noch mit euch weiterquatschen.
Johannes: Na macht doch, dann können wir den Bums hier [er meint die Kamera] ausmachen und – [Ende der Aufzeichnung]

 

 

Interview und Foto: Eva Stützer und Lioba Döring, Open Flair 2015