Rundum nachgefragt
Interview mit einem Zaunpfahl

Nach dem Vorbild des Satiremagazins „Thüringer Allgemeine“ stehen uns in der Rubrik „Rundum nachgefragt“ alltägliche Utensilien Rede und Antwort.

Guten Tag. Sie sind ein Zaunpfahl; das ist ohne Zweifel eine überaus aufregende Tätigkeit…

Allerdings! Es erfordert viel Feingefühl gegenüber Mitarbeitern, man muss sie irgendwie alle bei der Stange halten; wir Pfähle bilden sozusagen den Generalstab des Zauns. Abgesehen davon heißt es: Stillgestanden, immer, Tag und Nacht, überall und bei jedem Wetter.

Das hört sich ja sehr anstrengend an. Wie wird ansonsten mit Ihnen umgegangen?

Selten gut. Man beleidigt mich häufig als hohlen Vollpfosten; die anderen ahnen es oft gar nicht, aber jeder noch so harte Ständer, Pfeiler, Pfahl oder Pfosten hat doch einen weichen und gefühlvollen Kern, den sowas sehr schmerzt. Ab und zu wird sogar an meinen Fuß uriniert, insbesondere von Hunden.

Unfassbar! Was tun Sie dagegen?

Da habe ich mit der Zeit eine äußerst wirksame Masche entwickelt, um dieses Problem einzudämmen. Aber darüber möchte ich lieber keine Auskunft geben; nur so viel kann ich sagen: Wenn der Fall eintritt, dann ist was los, dann fliegt die Kuh, da brennt die Hecke, da brüllt der Zaunkönig!

Ah ja, gewiss. Und wird häufig mit Ihnen gewunken?

Weniger als früher. Die Menschen begreifen einen Wink mit dem Zaunpfahl oft gar nicht mehr, die kriegen teilweise nicht mal mit, wenn man ihnen anstatt des zierlichen Zaunpfahles gleich einen Laternenpfahl auf den Kopf haut! Die haben ja nicht mehr alle Latten am Zaun.

Wie läuft es denn bei Ihnen im privaten Bereich? Haben sie eine Familie?

Ich bin verheiratet; wir führen zwar nur eine Fernbeziehung, haben aber einen guten Draht zueinander.

Wie schön. Eine letzte Frage noch: Wie lautet Ihr Lebensmotto?

„Hier kommst du nicht rein!“

Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.

 

Text und Foto: Norman Weitemeier