Reise nach Mühlhausen
Teil 4: Entlang der Stadtmauer

Im Rahmen meines Praktikums beim JiM-Verein, schrieb ich eine Geschichte über eine nicht real existierende, junge Frau, die sich auf Entdeckungsreise nach Mühlhausen begibt. Teil 4: Entlang der Stadtmauer

Mühlhausen, Tag 4
Donnerstag, 20.09., 10.30 Uhr

Wie die Omas nun mal sind. Zumindest ist es bei meiner so. Sie kann nicht mal daran denken, dass ich im Urlaub auch mal länger schlafe und nicht schon früh morgens um halb sieben top fit bin. Aber das ist ja wieder mal typisch! Da ruft sie wirklich um acht Uhr in der früh bei mir an und fragt mich, wie weit ich mit meinen „Forschungen“ denn schon sei. Also fing ich an, ihr von meinen bisherigen Tagen zu erzählen. Mitten im Gespräch fiel mir dann meine Frage von Montag, die an sie gerichtet war, wieder ein (Warum sie von Opas Beihilfe für Juden nichts gewusst hatte). Und dann fing sie an wie ein Wasserfall loszusprudeln und ich hatte Mühe, dabei überhaupt mitzukommen. Aber ich versuche es trotzdem mal zu erklären: Also… Nun ja, das war damals alles nicht ganz so einfach. Sie wusste auch Bescheid, dass die Ebbsteins jüdisch waren, aber sie wusste nicht, dass Opa ihnen helfen wollte zu fliehen. Das hat er damals ganz alleine gemacht. Denn für ihn war es zu riskant, jemandem davon zu erzählen – auch wenn er sonst Oma immer alles sagte. Aber mal angenommen, er hätte ihr von seiner Hilfe für die Ebbsteins erzählt. Und nimmt man dann mal an, dass Oma geschnappt wird (Sie war ja auch mit den Ebbsteins befreundet – das wäre für damalige Verhältnisse schon Grund  genug gewesen). Und hätten die Nazis dann noch Wind davon bekommen, dass Opa irgendwelche Dinge für Juden tut, dann hätten sie nicht locker gelassen um irgendwelche Informationen von Oma zu bekommen. Dieses Risiko war für Opa einfach zu hoch. Natürlich hätte sie auch geschnappt werden können, ohne dass sie von Opas Vorhaben wusste und dann ist es ja auch schwierig zu behaupten, dass die Nazis ihr geglaubt hätten. Aber zum Glück ist es soweit nicht gekommen und sie musste sich darüber keine Gedanken machen. Sie wusste die ganze Zeit, dass es irgendetwas macht, aber was genau das ist, das wusste sie wiederum nicht. Sie hätte auch Jahre später Opa noch fragen können – denn dann war die Gefahr ja vorbei. Aber sie sagte eben am Telefon, dass sie sich das einfach nicht getraut hatte. In dem Falle fand sie es immer besser, weniger zu wissen. Und geschadet hat es ihr auch nicht, also alles gut!

Bevor sie mir das alles hier erklärte, erzählte ich ihr von meinen „Nachforschungen“ und dann fügten sich bei ihr mit jedem Satz den ich sagte „die kleinen Puzzle-Teile zusammen“ (Das hat sie wirklich so gesagt!). Streng betrachtet habe ich alle meine Antworten auf meine Fragen, mit denen ich hierher gekommen bin, an Tag 4 endgültig gelöst. Das ist wirklich schön und die letzten Tage werde ich noch mehr hier genießen.

Jetzt habe ich so viel geschrieben, dass ich die Zeit vollkommen vergessen habe. Ich hatte nämlich heute vor ins Heimatmuseum und Nachmittags noch zur Stadtmauer zu gehen. Und zwischendurch immer mal eine der 13 Kirchen anschauen. Wenn ich das alles noch machen will, sollte ich jetzt erstmal los gehen.

14.13 Uhr

Ich sitze jetzt auf dem Blobach mit perfektem Blick auf das innere Frauentor (es gibt auch noch ein Äußeres), den Rabenturm und natürlich die Stadtmauer. Eben war ich im Heimatmuseum und habe mir die Ausstellung „Umsonst ist der Tod“ angeschaut. War sehr interessant, das habe ich dann gemerkt als ich am Ausgang auf die Uhr geschaut habe. Fast zwei Stunden habe ich dort verbracht! Am Ausgang hat mir dann noch die Angestellte von dort die Geschichte des Heimatmuseums erzählt. Was ich dabei nicht wusste war nämlich, dass der Neorenaissancebau (1868 bis 1870 gebaut) ursprünglich als Gymnasium errichtet worden ist. Doch von 1928 bis 1934 beherbergten Teile des Hauses schon ein Heimatmuseum und schließlich wurde dieser Bau dann 1947 das endgültige Heimatmuseum. Dort gab es dann immer ganz unterschiedliche Ausstellungen und 2013 wurde der ganze Bau saniert und seitdem ist dort die jetzige Ausstellung drinnen.

Nach dem netten Gespräch  bin ich schön in Richtung Blobach geschlendert und habe noch Fotos von der Marienkirche aus der Ferne und der Petrikirche (die ist etwas unterhalb vom Blobach und hat ein ganz buntes Dach) gemacht. Ich wollte eigentlich auch noch auf die Stadtmauer rauf gehen, weil ich gelesen habe, dass man vom Rabenturm aus einen sehr guten Blick über Mühlhausen hat und man auf der Stadtmauer- wenn man schon mal in Mühlhausen ist – sowieso unbedingt mal sein sollte, aber leider hat sie noch bis April geschlossen. Pech für mich. Aber vielleicht ergibt sich ja da irgendwann später noch mal eine Gelegenheit. Aber ganz ohne Infos bin ich auch nicht ausgegangen, denn am Eingang zum Rundgang auf der Stadtmauer hing so ein Schild und da standen ein paar grundlegende Infos für mich: Im 13. Jahrhundert begannen die Bauarbeiten für die rund drei Kilometer lange Mauer. Für so ein beachtliches Alter ist sie noch sehr gut erhalten. Von den drei Kilometern sind heute 370 Meter zu besichtigen. In den damaligen Wehrtürmen sind jetzt kleinen Museen, die unterschiedlichstes darstellen. Schade, dass sie geschlossen ist. Da wären auch noch mal schöne Bilder entstanden. Naja, von oben habe ich zwar keine Bilder, aber dafür habe ich welche von der Mauer mit Turm und Tor.

Gleich laufe ich zum Untermarkt, weil dort die Divi-Blasii-Kirche steht. Da war früher mal Johann-Sebastian-Bach als Organist tätig.

Nina Pfeiffer

Das hier ist das Heimatmuseum. Man könnte sich auch vorstellen, dass das mal ein Gymnasium war.

Das ist noch mal die Marienkirche aus der Ferne. Auch hier das grüne Dach wieder gut zu sehen.

Die Petrikirche mit dem bunten Dach – diese hat auch sehr großen Wiedererkennungswert.

Das Wahrzeichen von Mühlhausen – die Stadtmauer mit Rabenturm und innerem Frauentor.