Norderende
Insel-Krimi von Tim Herden

Tim Herden’s Insel-Krimi „Norderende“ ist spannend, lesenswert und abwechslungsreich. Er hält mitunter verblüffende Wendungen bereit und spart nicht an persönlichen Konflikten.

Das kann Tim Herden aber mit seiner treuen Leserschaft wirklich nicht machen! Er lässt die Leser am Ende ebenso hilflos zurück wie das ungleiche Ermittlerpaar Ole Damp und Stefan Rieder im Nebel auf der nächtlichen Ostsee. Oder sollte der Schluss des neuen Insel-Krimis eine gekonnte Einstimmung auf eine Fortsetzung im Jahr 2016 sein?

Zu dieser hoffnungsvollen Hypothese sieht sich die Rezensentin jedenfalls mit Blick auf bereits Erschienenes veranlasst. 2010 veröffentlichte der Mitteldeutsche Verlag „Gellengold“, den ersten Hiddensee-Krimi aus der Feder Tim Herdens. 2012 folgte „Toter Kerl“, 2014 kam „Norderende“ hinzu.

Wer die Vorgänger-Bücher kennt, freut sich über das Wiedersehen (falls dieses Wort hier passend ist) mit bekannten Romanfiguren, nicht zu vergessen den kauzigen, dennoch liebenswerten Malte Fittkau, Nachbar und Vermieter Stefan Rieders. Und wer sie nicht kennt, kann trotzdem ohne jegliche Hürden ins aktuelle Geschehen einsteigen.

Wieder einmal ist da die Erkenntnis: Auch im scheinbar friedvollen Urlauber-Idyll wird gemordet und anderweitig kriminell gehandelt. Besonders interessant für alle Nicht-Küsten und Nicht-Inselbewohner: Im Buch ist zu erfahren, wie das eigentlich alles klappt mit der Logistik auf den Ostseeinseln Hiddensee und Rügen, zwischen beiden Inseln, zwischen Inseln und Festland. Während sich in anderen Gegenden unseres Landes Polizistinnen und Polizisten ins Auto setzen und einfach losfahren, dorthin, wo sie gebraucht werden, geht es hier häufig nur per Fähre mit festem Fahrplan oder per Polizeiboot. Komplizierter wird es, wenn Nebel, Wind und Wellen eigentlich den Weg übers Wasser verbieten, aber mehr oder weniger offiziell ein Insulaner sich nicht scheut, seine Dienste mit seinem privaten Boot anzubieten.

Die Handlung ist wieder spannend, lesenswert und abwechslungsreich, hält mitunter verblüffende Wendungen bereit und spart nicht an persönlichen Konflikten, weil eben, wie zu lesen ist, Polizisten auch nur Menschen sind.

Einige Hinweise für die eventuell vorgesehene 2. Auflage, der etwas mehr Aufmerksamkeit beim Korrekturlesen zu gönnen ist, denn in dieser Hinsicht gibt es im Roman einige kleine Schwächen. „Norderende“ enthält beispielsweise hier und da mal einen unvollständigen, unvollendeten Satz oder einen Satzbau, der einfach nicht nachzuvollziehen ist, weil da etwas, die Grammatik betreffend, nicht stimmt.

Namen werden verwechselt. Aus Stefan Rieders Freundin Charlotte Dobbers wird plötzlich Charlotte Stein. Anmerkung: Stein ist der Familienname der Exfrau des Ermordeten. An anderer Stelle kommt es zur namentlichen Verwechslung von Damp (Inselpolizist) und Durk (Inselbürgermeister). Den Ermittlern wird eine e-mail angekündigt; kurz danach sind die Informationen eingetroffen, aber aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist plötzlich von einem Fax die Rede. Schon während ihrer Schulzeit war die Rezensentin nie ein großes Licht in Geographie, hört aber heute noch die mahnende Worte ihrer Fachlehrerinnen und Fachlehrer:„Es heißt nicht ‚in Rügen, es heißt ‚auf Rügen’, denn Rügen ist eine Insel.“

All dies ist nicht als kleinliche Mäkelei aufzufassen, kann bei einem 368-Seiten Roman durchaus vorkommen, mindert nicht Lesevergnügen und Spannung, sollte aber erwähnt werden. Die Rezensentin jedenfalls freut sich heute schon auf Insel-Krimi Nr. 4.

Christine Bose
Dipl.-Journalistin

 

Tim Herden
Norderende
Insel-Krimi
368 Seiten
ISBN 978-3-95462-241-2
Preis: 12,95 Euro
mdv  – Mitteldeutscher Verlag