Diese Anthologie vereint Kurzprosa und Gedichte aus der Feder von vierzehn jungen Autoren aus Litauen, sechs Frauen und acht Männern. Ihnen allen bescheinigt die Fachwelt Talent.
Eine Besonderheit: Jeweils auf der linken Buchseite steht der Originaltext, rechts daneben die deutsche Übersetzung. Es fällt schwer, sich in die einzelnen Beiträge „hineinzufinden“, die nicht immer einfach zu verstehen sind. Da kommen keine netten kleinen Geschichten oder Gedichtchen daher, zu lesen mal eben so zwischendurch, zur Unterhaltung, Erbauung, Entspannung. Das Buch ist anspruchsvoll, fordert einhundertprozentige Wachheit des Geistes und die unbedingte Bereitschaft, sich auf das Gedruckte einzulassen.
Die Rezensentin will die Tatsache nicht verschweigen: Das ist ihr nicht in jedem Fall gelungen. Texte, einschließlich Gedichte stehen da, die sind ergreifend, nehmen gedanklich mit in fast körperlich zu verspürende Ereignisse. Daneben stehen andere, bei denen sich die erstaunte Frage einschlich, warum um alles in der Welt sie überhaupt geschrieben wurden. Es muss doch mindestens einen einzigen plausiblen Grund dafür geben. Der Zugang blieb versperrt, was jedoch nicht heißen soll, dass sie schlecht sind.
Kleine Erinnerung an die längst vergangene Schulzeit und an die ständig wiederkehrende Frage der Deutschlehrer, die da lautete: „Was will uns der Dichter damit sagen?“ Damals schon mussten sich lebende Autorinnen und Autoren sowie solche aus längst vergangener Zeit die unterschiedlichsten Schüler-Interpretationen gefallen lassen. Was eine einzelne Leserin kaum zu ergründen vermag, braucht deshalb noch lange nicht für alle anderen Leser unbedeutend oder gar unverständlich zu sein.
Und wieder einmal sei der unschätzbare Vorteil einer jeden Anthologie gepriesen: Wer einen Roman erwirbt und sich vertan hat, kann sich gelangweilt oder frustriert durch hunderte Seiten quälen oder das Buch weglegen und sich des Fehlgriffs wegen ärgern. Für eine Anthologie gilt: Bei Nichtgefallen eines kurzen Textes oder eines Gedichtes einfach umblättern und auf einer der folgenden Seiten seinen Favoriten finden.
Christine Bose
Dipl.-Journalistin
Jurgita Ludaviciene (Hg.)
kein streicheln
Junge Literatur aus Litauen
Deutsch von Magda Doering, Berthold Forssman und Markus Roduner
Anthologie
Zweisprachige Ausgabe
248 S.
ISBN 978-3-95462-812-4
Preis EUR 14,95
www.mitteldeutscherverlag.de