Bosse im Interview
Das Bescheuerdste, was ich je erlebt habe.

Axel Bosse wurde 1980 in Braunschweig geboren, sein Sternzeichen ist Fische, er ist ein liebvoller Vater und momentan wohl einer der bedeutendsten deutschen Musiker. Und dieses Jahr ist sein Jahr.

Im März brachte er sein fünftes Album „Kraniche“ raus, welches sofort auf Platz 4 der Albumcharts einstieg und damit sein bislang höchster Charteinstieg seiner Karriere ist. Schon im ersten Teil seiner großen Tour begeisterte er im April über 30 000 Zuschauer bei ausverkauften Konzerten. Er spielte außerdem diesen Sommer bei Rock am Ring, BigDayOut, DAS FEST, Die Neuen DeutschPoeten und natürlich auf dem Open Flair, wo wir in persönlich treffen und interviewen duften. Eigentlich war das Interview mit Bosse eine große Überraschung für uns, da er nicht mit auf der Liste der Künstler stand, die Interviews gaben. Doch wir hatten noch einmal nachgefragt und Bosse hatte zugestimmt. Das Interview mit ihm hat richtig Spaß gemacht, er war total offen, gut gelaunt und echt sympathisch. Und auch sein Auftritt danach war der Hammer. Man sollte unbedingt ein Konzert von ihm gesehen haben. Wenn er auf der Bühne steht und los legt, kann keiner mehr stillstehen.

Gefällt es dir hier bei Open Flair?
Ja, ja. Also ich war auch schon ein paar Mal mehr hier, weil ich auch oft hinter der Bühne gearbeitet habe und ich kenn das Ding hier ganz gut. Ich war heute Morgen joggen und hab mir mal die Stadt so ein bisschen angeguckt und auch den Zeltplatz, dann war ich noch im See schwimmen und jetzt fängt auch grade erst die erste Band irgendwie an. Ich mag Festival sehr gerne. Es ist faszinierend, dass es direkt so in der Stadt liegt und dass das das ganze Dorf mitmacht.

Was hörst du für Musik in deiner Freizeit?
Ich habe immer so Phasen. Im Moment höre ich ganz viel altertümliche Musik, z.B. Back to the roots oder Fleet Foxes und eher so country Musik. Ansonsten hatte ich davor meine extreme Hip-Hop Phase, auch mit so Deutschen Assi Hip-Hop, aber auch Old School Hip-Hop, Public Enemy und so.

Was versteckst du unter deinem Bett?
Also wenn ich ehrlich bin, haben wir gerade unter unserem Bett aufgeräumt und es waren vor allem so Bücher hervorgekommen. Das heißt, immer wenn ich Bücher ausgelesen habe, lege ich die unters Bett und dann schieben die sich wie so eine Walze bis hinten ran. Und da wir ein ziemlich großes Bett haben, lagen da viele Bücher. Also so ein ganzes Regal voll.

Was liest du für Bücher?
Ich lese alles. (grinst) Also mein Lieblings Buch ist glaube ich immer noch das Parfum. Das habe ich so ungefähr 12-mal gelesen.

Wow. Ja, das ist echt ein gutes Buch. Was war dein emotionalstes oder schlimmstes Erlebnis auf der Bühne?
Also ich habe mal mit 17 auf einer Veranstaltung gespielt, für so einen Radiosender, irgendwo an der holländischen Grenze, mit Publikum. Wir waren halt noch sehr jung und unerfahren und ja dort wurden wir dann mit Dosen beschießen und im Publikum gab es eine Messerstecherei, mit Verletzte und so. Das ist da total abgegangen, das Konzert musste dann abgebrochen werden und das war glaube ich, bis jetzt so das Bescheuerdste, was ich je erlebt habe, weil ich auch einfach so dachte, das kann nicht wahr sein, dass Leute so doof sein können. Schöne Momente hatte ich ganz, ganz viel. Mein erstes Mal Rock am Ring beispielsweise, da war ich auch noch sehr jung und das war so der Moment an dem ich aufgewacht bin und gedacht habe, krass, das hast du dir seitdem du denken kannst gewünscht und jetzt wird es wahr. Diesen Moment habe ich dann ganz gut genossen und das ist manchmal so schwer, dass man in dem Moment dann auch direkt genießen kann. Manchmal ist es wie in einem Film und man merkt das alles erst später. Aber das war bei Rock am Ring irgendwie anders. Es war gut. (grinst)

Was verbindest du mit dem Lied “Schönste Zeit“?
In dem Lieb habe ich über meine Pubertät geschrieben und über all das was mich da so bewegt hat. Und ich halte diese Zeit für immer noch für so wichtig, weil da so viel in die Wege geleitet wurde und ich glaub, dieses junge Alter ist dafür da, dass man immer anders sein will als man eigentlich ist und das man sich durch Extreme so einen “smoothen“ Weg im Leben zurecht legt. Ich wollte damals eben immer extrem sein und das war auch so gut. Ich hatte nichts zu verlieren, keine Verantwortung und das verbinde ich halt damit. Es geht aber auch viel um meine alte Heimat und um Tristesse, meine alten Freunden, um Leute und alte Wegweiser.

Wolltest du schon immer Musiker werden?
Ja, ich wollte schon immer Musiker werden. Ich hab meine Schule abgebrochen, obwohl ich immer ein ganz guter Schüler war. Also mein Abitur hab ich nicht gemacht, obwohl ich es hätte entspannt machen können. Weil ich eben wusste, dass ich das alles nicht brauche. Ich habe da schon immer dran gehofft und geglaubt, dass das so passieren kann. Ich hab dann auch ziemlich früh einen Plattenvertrag bekommen, der jetzt nicht so geil war, aber trotzdem gab es da so ein paar Steilvorlagen, wo ich eben gesagt habe: „Ja, einfach machen.“

Bist mit deinem momentanen Leben glücklich und zufrieden oder würdest du gerne etwas verändern?
Nee, ich bin echt ganz zufrieden. Das kommt aber auch erst so im Alter, also hättest du mich jetzt vor 10 Jahren gefragt, so mit 23, hätte ich gelogen, wenn ich gesagt hätte, dass ich total zufrieden bin. Weil da war ich immer so sehr auf der Suche und war auch immer ganz oft verliebet. Ich habe in Berlin gewohnt und bin durch die Straßen getigert, hatte nicht viel Kohle, aber auch das war irgendwie eine toll Zeit. Allerdings finde ich es heute gut, weil so ganz viele Sachen geregelt sind und ich weiß was ich möchte und was ich nicht möchte, das ist ein ganz großer Vorteil, jetzt mit 33, finde ich. Und ich habe da auch so ein paar Sachen die mir das Leben so schön machen. Ich habe eine tolle Tochter, eine bombenmäßige Frau, habe eine tolle Band, ich kann rumfahren, also im Moment gibt es da nichts worüber ich mich beschweren könnte. Aber das war auch schon einmal ganz lange anders. Ganz oft denke ich, dass diese Jahre die Belohnung sind für den ganzen anderen Dreck.

Kraniche Tour 2013/2014
09.12.2013 Fulda Kreuz
10.12.2013 Neu-Isenburg Hugenottenhalle
11.12.2013 Würzburg Posthalle
13.12.2013 Chemnitz Arena (Halle 2)
14.12.2013 Leipzig Haus Auensee
15.12.2013 Hannover Swiss Life Hall (verlegt vom Capitol in die Swiss Life Hall)
18.12.2013 Rostock Moya
20.12.2013 Wilhelmshaven Stadthalle
21.12.2013 Hamburg Sporthalle Bosse & Freunde
07.02.2014 Tübingen Sudhaus
08.02.2014 Augsburg Neue Kantine
09.02.2014 Saarbrücken Garage
11.02.2014 Ravensburg Oberschwabenhallen Klub
12.02.2014 Ludwigshafen Kulturzentrum dasHaus
13.02.2014 Karlsruhe Substage
15.02.2014 Göttingen Stadthalle
16.02.2014 Magdeburg AMO
18.02.2014 Münster Skaters Palace
19.02.2014 Düsseldorf Stahlwerk
20.02.2014 Bielefeld Ringlokschuppen
22.02.2014 Berlin Columbiahalle

Das Interview führten Josi Hohlbein und Maria Reinhard während des Musikfestivals Open Flair 2013 in Eschwege.

Foto: Christian Glatthor, Quelle: www.open-flair.de

P.S. Tut uns echt leid, dass wir euch keine eigen Bilder zeigen können. Wir haben zwar gemeinsam im Interview und auch beim Konzert viele Bilder gemacht, nur leider ist uns erst nach alle dem aufgefallen, dass keine Speicherkarte in der Kamera war. Und so waren leider alle Bilder weg.

Erstveröffentlichung in JiM – Das Magazin, Ausgabe Oktober 2013