Beiderseits der Logik
Wollen Sie das aufgeben?

Allseitige Annäherungen an das Leben, den Alltag und andere seltsame Angelegenheiten unter wortreicher Verknüpfung des Sinnes, Unsinnes und anderer Sinne sowie Widersprüche von Menschen und Gedanken.

Wollen Sie das aufgeben?

 

Es ist ja so schön

– also zurzeit,

jetzt, in der Moderne.

Stellen Sie sich doch mal vor,

Sie müssten…

einkaufen fahren.

Und hätten kein Auto.

Schlimm, oder?

Und dann würden Sie

im Supermarkt stehen:

„Hier ist der Spieß;

da draußen ist der Bison.

Bitteschön.“

Vielen Dank auch.

Ohne Auto, so ganz ohne,

wäre es doch langweilig.

Ja, langweilig.

Oder sehr anstrengend.

Safari ohne Jeep

und ständig rennt irgendein Löwe

hinter europäischen Touristen her.

Das wäre doch schlimm,

eine Hektik

für den Löwen.

Der Arme, völlig überlastet

und überfressen;

der müsste notgeschlachtet werden.

Aber die Leute,

die rennen ja schon alle

hinter dem Bison her.

Und die kriegen das Tier nicht.

Und wenn doch,

dann stirbt das nicht,

das blöde Vieh,

weil die Spieße stumpf sind

vom Nordic-Walking.

Das wäre auch langweilig,

wenn dieses ganze Getier

immer entkommen würde;

einfach…

überleben.

Das wäre doch eine hässliche Welt

so ganz ohne Blut.

Rot ist ja auch so eine schöne Farbe,

schöner als Grün.

Grün ist die Farbe der Hoffnung

– gibt es dann sowieso nicht mehr.

Deshalb müssen wir ja auch schlachten,

für die rote Farbe.

Es ist nicht immer alles nur schwarz-weiß.

Das ist ja was für Depressive

– wir wollen doch nicht depressiv werden.

Also, was bleibt uns denn übrig?

Tofu blutet nicht.

Und dann stehen Sie im Supermarkt

und es fragt Sie jemand:

„Haben Sie schon mal Erdöl getrunken?“

Nein.

„Haben Sie schon mal Getreide gegessen?“

Ja.

„Haben Sie schon mal getankt?“

Stellen Sie sich doch mal vor,

Sie müssten in einer Höhle leben

oder schlimmer noch:

in einem Haus ohne Wärmedämmung.

Dann…

brauchten Sie gar keinen Strom mehr

für den Kühlschrank.

Da passt ohnehin kein ganzer Bison rein.

Wenn doch mal einer so ein Tier erlegt,

muss es auch gleich gegessen werden.

Und dann über Monate nur Diät-Drinks.

Schrecklich,

dass die Tiere alle so fett würden

aus Bewegungsmangel,

weil wir viel zu langsam sind

zum Jagen.

Wir sind doch unfähig…

Was in der Steinzeit

die Wüstenspringmaus war,

das ist heute der Mensch.

Wollen wir das aufgeben?

Stellen Sie sich mal vor,

die Erde würde

von Milliarden riesiger Wüstenspringmäuse bevölkert;

die würden ja das ganze Getreide vernichten,

das in die Biogasanlagen kommen soll,

die übrigens grün sind…

Das ist Tarnfarbe

wie beim Militär,

damit man nicht sieht,

wo der Biodiesel-Panzer steht.

Es wird ja so viel Industriespionage betreiben,

gerade auf waffentechnischem Gebiet.

Aber wollen wir das denn aufgeben?

Genau wie das Bildungssystem.

Das können wir doch nicht aufgeben,

so etwas ausgeklügeltes:

Die Menschen gehen zur Schule

und bleiben mehrheitlich dumm,

aber sie fühlen sich schlau;

sie schauen nämlich

in den Fernsehapparat

und dann fühlen sie sich überaus klug.

Was meinen Sie,

wie stark das motiviert,

wenn man den Fernseher anschaut,

ohne ihn eingeschaltet zu haben.

Ob man das nicht getan hat,

weil man eben intelligent genug ist,

zu wissen,

dass nichts wertvolles rauskommt,

oder weil

man es schlichtweg nicht schafft,

auf den richtigen Knopf zu drücken,

um die Kindersicherung zu entsperren,

weiß ja das Gerät nicht.

Dann fühlt man sich clever…

Überhaupt ist alles gesichert,

besonders gegen Kinder:

Autotüren, das versteht man;

Fernseher, das versteht man nicht,

denn wenn die Kleinen fernsehen,

können die Eltern sich keinen Unsinn anschauen;

außerdem sind Medikamente gesichert,

die mit gefährlichen Nebenwirkungen,

was man wieder versteht

– es senkt die Suizidrate

der Zwei- bis Fünfjährigen.

Wollen wir denn das aufgeben?

Stellen Sie sich vor,

es gebe keine Pharmaindustrie.

Schrecklicher Gedanke.

Nur noch Heilkräuter

und dann auch noch Menschen,

die sich damit auskennen

und die haben dann kein Quartalsbudget;

Sie würden mit Natur völlig zugedröhnt;

und Werbung

würde es auch nur noch halb so viel geben.

Wir können doch die Werbung nicht aufgeben,

oder?

Das Marketing?

Das ist doch toll.

Das ist doch wichtig.

Für die Pharmaindustrie,

die es dann nicht mehr gibt,

weil die Kleinkinder alle Selbstmord begangen haben,

weil ihre Eltern

nur vor dem ausgeschalteten Fernsehgerät sitzen

und sich schlau fühlen wollen,

gebildet vom Bildungssystem

und keinen Bison fangen können,

der durch die abgeernteten Getreidefelder streift,

die für den Kraftstoff benötigt werden,

mit dem der Biodiesel-Panzer fährt,

damit die Welt schön rot bleibt,

auch wenn der gestresste Löwe

geschlachtet ist,

der in der Werbung,

die es nicht mehr gibt,

für Autos,

die Kraft symbolisieren soll.
Und jetzt stellen Sie sich doch mal vor,

wir hätten keine Autos.

Der Löwe als solcher

geriete vollkommen in Vergessenheit.

Gut auch,

dass es die industrialisierte Fleischproduktion gibt:

noch mehr schönes Rot.

Und niemand muss selber jagen,

nur aufpassen,

dass einen der Löwe nicht kriegt;

die Natur ist gefährlich,

wer gehört denn da auch dazu?

Bloß lauter Tiere und Heilkräuter

und erst die hinterhältigen Bäume,

hinter denen sich

Meuchelmörder verstecken können

und vor die die Autos immer fahren,

wenn wir sie nicht aufgeben.

Schlimm ist das.

Aber dann kommen Sachen

wie Fuchsbandwurm,

wie Tollwut,

wie Rinderwahn,

wie Vogelgrippe

oder Schweinegrippe.

Ganz entsetzliche Risiken.

Finden Sie nicht,

man sollte die Pflanzen essen

und die Tiere tanken?

Löwen und Pferde

will ohnehin kaum jemand verzehren.

Pferde sind aber auch

extrem wichtig,

damit es Lebewesen gibt,

die wir schonen,

wenn wir Nordic-Walking machen,

denn den Bison,

den schonen wir damit ja nicht;

der entkommt ja eh immer.

Wird Zeit,

dass dagegen was unternommen wird;

es muss sich so viel ändern

und das können wir schaffen.

Oder wollen Sie das jetzt hier alles

aufgeben?