Beiderseits der Logik
Vom Schicksal einer Zimmerpflanze

Allseitige Annäherungen an das Leben, den Alltag und andere seltsame Angelegenheiten unter wortreicher Verknüpfung des Sinnes, Unsinnes und anderer Sinne sowie Widersprüche von Menschen und Gedanken.

In einer Ecke im Keller, dort wo selten Licht hinfällt, wo man im letzten Jahr den toten Hamster gefunden hatte, stand eine Zimmerpflanze, was jedoch niemand sah, weil nun mal niemand gern hinschaute und es ja an Licht ohnehin mangelte.

Dort im Keller, nicht weit von besagtem Gewächs, hätte ein Anwesender gegen Abend gedämpfte Stimmen hören können, die weiter oben im Haus einen Streit ausfochten, hätte allerdings leider nichts verstanden und sich deshalb gewiss geärgert, wie manche Menschen sich eben ärgern und grämen, wenn andere Leute Privatgespräche führen und dies rücksichtsloserweise derart leise tun, dass man vom Gesagten höchstens einzelne Worte aufschnappen kann.

Aus dieser tiefgreifenden Verärgerung heraus hätte jene Person sich sicherlich zunächst zur Tür des Kellerraums begeben, um dort zu lauschen, wobei immerhin die Hoffnung bestanden hätte, festzustellen, ob die Streitenden ihrem heimlichen Zuhörer bekannt wären.

Jedoch waren die Streitenden bedauerlicherweise sehr egoistisch und stritten dementsprechend in einer vom Keller aus, ja selbst wenn man das Ohr an die Tür gepresst hätte, geradeso hörbaren, aber keinesfalls verständlichen Lautstärke; ärgerlich dabei, dass, wenn man die Kellertür geöffnet hätte, die Gefahr, gehört zu werden, groß gewesen wäre, da Türen in selten besuchten unterirdisch gelegenen Räumen meist knarren, sobald man sie auch nur berührt.

Aufgrund dieser unglücklichen Entwicklung hätte sich bei der Person im Keller bereits nach kurzer Zeit eine sehr schlechte Stimmung eingestellt, die typisch ist für Menschen von diesem Schlag, wenn ihnen der Versuch misslingt, sich versehentlich auf fremder Menschen Grundstücke zu schleichen, um die Aktivitäten ihrer Mitbürger zu überwachen.

In dieser Form auf negative Art zum Äußersten erregt hätte der unbeleuchtete Gast sich nach einer Möglichkeit umgesehen, seiner Frustration ein Ventil zu verschaffen, hätte dabei eventuell in der dunklen Ecke, wobei das Licht ja ohnehin ausgeschaltet war, die Zimmerpflanze entdeckt und sich gefragt, warum diese ausgerechnet im Keller platziert worden war.

Die angesichts dieses unlösbaren Rätsels noch gesteigerte Wut auf die so wenig kooperativen Bewohner des Hauses, die in zweifelsohne böser Absicht solcherlei unerklärliche Dinge tun, mit denen man sich beschäftigen muss, ohne mit ihrer Hilfe rechnen zu können, hätte ein Opfer gefordert: die unschuldige Zimmerpflanze.

Gut, dass es dazu nicht kam, weil sich schließlich so leise gestritten wurde, dass man es draußen nicht wahrnehmen konnte und sich folglich niemand in den Keller geschlichen hatte, um zu lauschen.

Von: Norman Weitemeier