Beiderseits der Logik
Der satte Gast

Ausblicke hinein.

„Es klingelt an der Tür.“
„Die Fäulnis nagt mir an den Knochen…“
„Ich werde sofort wieder schließen;
nur wenig Kälte kommt herein.“
„Dann herein mit ihr und unserem Gast.“
„Schnell, schnell!
Hier ist er.“
„Doch soll er nicht an seinen Fingernägeln kauen.“
„Verzeihen Sie – ich bin nervös.“
„Das wär ich auch, wenn ich mich selbst zu fressen drohte.
Ist die Tür verschlossen?“
„Fest wie stets.“
„Dann setz dich.“
„Vielen Dank.“
„Und sprich.“
„Ich kaue noch…
In meinem Nagelbett fand sich ein Splitter Haselnuss.“
„Recht guten Appetit. Ein Tässchen Kaffee?“
„Mein Herr, es ist schon spät,
die Zeit für Kaffee lang vorüber.“
„Ich sehe es nicht; die Fensterläden ließ ich schließen.“
„Ich dachte,… – Nun, man sagte mir, Sie seien blind.“
„Das stimmt, doch bitte ich darum,
mir davon nichts zu sagen.“
„Weshalb?“
„Ich bin auch taub.“
„Und wozu das?“
„Die Uhr will ich nicht schlagen hören.“
„Faulen nicht trotzdem Ihre Knochen?“
„Das machen Feuchtigkeit und Kälte, nicht die Zeit.“
„Ich fress‘ mich lieber weiter selbst.“
„Vernünftig. Du scheinst satt.“

 

DerSatteGast

 

Text und Bilder: Norman Weitemeier